ALPC - Agenda - 2003/01R1

Association Luxembourgeoise
des Pédagogues Curatifs asbl

Länderfachtagung

Grenzüberschreitende Heilpädagogik
Neue Wege der Zusammenarbeit

Im Rahmen des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderung hatten der Berufsverband der Heilpädagogen aus Luxemburg (Association Luxembourgeoise des Pédagogues Curatifs), und der Berufsverband der Heilpädagogen aus Deutschland e.V.(BHP) mit den Landesgruppen Saarland und Rheinland-Pfalz zu einer Fachtagung mit dem Thema „Grenzüberschreitende Heilpädagogik-Neue Wege der Zusammenarbeit" am 26. September 2003 im Schengener Schloss eingeladen.

Ziel der Veranstaltung war es den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Gelegenheit zu bieten, sich über Problemstellungen heilpädagogischer Arbeit über die Grenzen hinaus zu informieren und sich berufsspezifisch auszutauschen.

Die Eröffnung der Tagung erfolgte durch Frau Marie-Josée Jakobs, Ministerin für Familie soziale Solidarität und Jugend in Luxemburg. Anschliessend sprachen Evelyne Weis-Weber, Vorsitzende des Berufsverbandes der Heilpädagogen in Luxemburg und Wolfgang van Gulijk, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Heilpädagogen e.V. (BHP) in Deutschland Grussworte und leiteten zu den nachfolgenden Referaten über.

Wolfgang Gütlein, Landesbeauftragter für Behindertenfragen im Saarland, referierte über das „Gleichstellungsgesetz und Ausblick in die Zukunft" : das Saarland hat dieses Gesetz bis dato noch nicht verabschiedet , im Gegensatz zu Rheinland-Pfalz.

Christiane Meyer , Beauftragte des luxemburgischen Ministeriums für Familie, soziale Solidarität und Jugend stellte verschiedene rechtlich abgesicherte Verbesserungen für behinderte Personen vor, unter anderem den gesetzlich garantierten Mindestlohn für alle Beschäftigten der Behindertenwerkstätten sowie das Pilotprojekt „la Cordée".

„Landesgleichstellungsgesetz - Chancen und Risiken?" so lautete der Titel des ausführlichen Referats von Dr. Richard Auernheimer, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz.

Die drei Workshops zu den Themen:

stellten etliche gemeinsame Berührungspunkte und auch teilweise Unterschiede zwischen den Regionen dar. Leider blieb zu wenig Zeit zum freien Austausch von Erfahrungen und Ideen.

Jean-Paul Muller SDB, Dipl. Heilpädagoge und BHP-Vorstand, wies in seinem Vortrag „Ethos und Professionalität – ein Berufsbild für Heilpädagogen/innen" auf die ethisch-antropologische Ueberzeugung der unauflöslichen Einheit körperlicher, geistiger, seelischer und sozialer Dimensionen hin, die jeden einzelnen Menschen auf einzigartige Weise konkretisieren, sowie die daraus folgende professionelle und persönliche Herausforderung für den Heilpädagogen in einer spürbar globaler denkenden Welt. Es wäre schade die Gedanken von J.-P. Muller hier in einigen nichtsagenden Worten zusammenzufassen. Deshalb zitieren wir hier einen Auszug zum Thema Menschenwürde:

Ethischer Leitgedanke: Die Würde des Menschen

„(...) wir spüren die Diskrepanz zwischen der wirtschaftlichen Realität und dem tatsächlichen Bedarf an Zuneigung, Hilfe und Begleitung von Menschen mit einer Behinderung. Der Ethos der Heilpädagogik sorgt für Zündstoff in den Diskussionen um die Bildungspläne, vor allem dann, wenn wir feststellen können, dass Schulen und Einrichtungen nach Kriterien des Rationalismus und Intellektualismus ausgerichtet werden sollen. Es ist falsch zu glauben, dass die Vernunft, die intellektuellen Fähigkeiten und ein rationales Denken allein genügen um Menschen zu erziehen oder zu begleiten. Wir brauchen den Dreiklang von Vernunft, menschlicher Zuneigung und Verankerung in positiven Werten um die benachteiligten und behinderten Menschen bei ihrer möglichst optimalen Entwicklungsreifung zu unterstützen und um ihnen die Einnahme von einem gleichberechtigten Platz in unseres Gesellschaft zu ermöglichen. Bei diesem Prozess zeigt sich ein Teil der Professionalität der Heilpädagogen in einer schrittweisen Weitergabe von Verantwortung an diejenigen die um Hilfe nachgesucht haben. Dieses Loslassen durch den betreuenden Heilpädagogen ist ein Ausdruck vom Verständnis der heilpädagogischen Hilfe: wir geben nur soviel wie nötig, da wir uns als Assistenten in einem Reifungsprozess verstehen, der vom Hilfeempfänger selber gestaltet wird. Dies war das Novum, das Pestalozzi, Don Bosco, Hanselmann, Asperger, usw...setzten: der Mensch mit seiner Behinderung bleibt immer und überall Protagonist des pädagogischen Prozesses! Und diese von mir erwähnte Professionalität stellt eine Alternative zu jenen Therapieangeboten dar, die durch ihre Defektorientiertheit nicht weiterkommen, weil sie ihre Klienten nicht als die eigentlichen Gestalter des Erziehungs- und Heilungsprozesses akzeptieren".

Geographisch gesehen sind die Länder Luxemburg, Saarland und Rheinland-Pfalz Nachbarn, beruflich gesehen wussten wir bis Ende September recht wenig von einander.

Gemeinsam eine Fachtagung anzubieten, fuer die luxemburger Vereinigung war es die erste überhaupt, war Neuland, aber der Erfolg mit mehr als 100 Teilnehmern hat unsere Erwartungen übertroffen.

Dieser Fachtag stellt den Anfang dar für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Heilpädagogik und diese Erfahrungen und Kontakte sollen in Zukunft weiter gepflegt werden .

Nach diesem Ueberblick zitieren wir zum Schluss noch einmal J.-P. Muller:

„ Damit die Würde des Menschen weiterhin unantastbar bleibt, brauchen wir die(...)Aspekte eines heilpädagogischen Handelns um u.a. zu verhindern, dass wir oberflächlich und routinemässig handeln. Viele der geforderten Merkmale sind nicht akademisch zu vermitteln. Wir brauchen Räume wo wir uns begegnen können mit anregenden und anspruchsvollen Milieus in denen heilpädagogisch relevante Fragen und Wertefragen diskutiert werden, damit wir unsere Haltung gegenüber dem Menschen reflektieren können."

Kontaktadresse:
Association Luxembourgeoise des Pédagogues Curatifs
28, Cité Simminger
L- 5975 ITZIG