Donnerstag oder Murphytag - das ist hier die Frage!

Ich will nicht jammern, nein wirklich nicht. Nichts liegt mir ferner als das,

Murphytag hin oder her. Ich bin ein Optimist und setze auch meine rosa

Brille nicht ab, wenn ich mit den Füssen im Wasser stehe. Es sind ja nur

die Füsse, und noch nicht der Hals. Wenn es der Hals wäre, dann wäre es

allerdings mit meinem Humor vorbei, und ich würde meiner Putzfrau den

ihrigen umdrehen. Einfach so…..Das Geräusch wäre vielleicht ein bisschen

unangenehm. Und unangenehm wäre es auch, lebenslänglich hinter Gittern

zu verbringen, aber, wie gesagt, so weit ist es noch nicht, denn wir sind erst

bei den Füssen….

 

Der Murphytag begann schon am Mittwoch seinen verhängnisvollen Lauf

als meine Putzfrau beschloss, wegen meiner mentalen Abwesenheit

Eigeninitiative zu zeigen. Während ich mit einer Freundin den ganzen

Vormittag gemütlich bei Kaffe und Keksen klönte, räumte sie den

amerikanischen Kühlschrank aus, um ihn von innen gründlich zu putzen.

Danach widmete sie sich dem Badezimmerschrank um auch dort mal Sauberkeit

und Ordnung reinzubringen.

 

Am Nachmittag war ich bei der Eröffnungsfeier eines Pflegeheimes und als ich

abends nach Hause kam, sah die Welt in Ordnung aus. Also das Haus sauber.

 

Der Hund freute sich, mich nach so vielen Stunden wiederzusehen, und der

Kater…..der freute sich nicht. Denn er war nicht da! Wahrscheinlich hat die

Putzfrau ihn rausgelassen.

 

Kurz bevor ich gegen Mitternacht ins Bett ging, führte mich mein Weg an der

Waschküche vorbei. Ein merkwürdiges Geräusch hinter der Tür liess mich

innehalten. Wahrscheinlich Einbrecher. Todesmutig riss ich mit Schwung die

Tür auf, und ein schwarzer Schatten sprang mich an. Ich schrie auf, der schwarze

Schatten fauchte wütend. Zu Recht, wie ich fand. Armer Kater, war er doch

stundenlang eingesperrt und hatte Zeit, viel Blödsinn zu machen.

 

Heute morgen weckten mich dann Fluchtiraden des Generals. Er stand wie

üblich um diese Zeit, im Halbschlaf im Bad um sich seiner Morgentoilette zu

widmen. Mit geschlossenen Augen griff er im Badezimmerschrank nach dem Deo,

das ganz links in seinem Regal steht, um sich einzusprühen. Und dann nach dem

Aftershave, das rechts daneben steht. Beziehungsweise stand…. bevor die

Putzfrau dort Ordnung machte.

 

Deo im Gesicht und Aftershave unterm Arm……..das heisst für Sunny, schnell

die Decke über'n Kopf ziehen und so tun, als würde man noch schlafen.

Träumen, dass der General derjenige ist, der im Gefängnis weilt und Sunny

besucht ihn mit einem hübschen Blumenstrauss.

 

Eine viertel Stunde später der nächste Fluch. Diesmal kam er aus der Küche.

Wortfetzen wie "Kühlschrank" und "alles steht unter Wasser" sowie

"....diese Putzfrau" dringen in meine inzwischen heissen Ohren, denn unter der

Decke ist es ziemlich warm.

 

Der Gefängniswärter heisst Murphy. Ich drücke ihm die Blumen für den

inhaftierten General in die Hand und entscheide mich, endgültig wach zu werden.

Nackte Füsse auf klitschnassem Parkett. Der Kühl- und Gefrierschrank ist aufgetaut. In der Eismaschine gähnende Leere. Staub zu Staub, Eiswürfel zu Wasser. Amen!

 

Am nächsten Tag:

Meine Nerven liegen blank

und deswegen habe ich das Beste gemacht, was mir in dieser vertrackten Situation

eingefallen ist: Ich habe die Flucht ergriffen...

 

Fernweh gegen Heimweh. Ich habe mich für das "Heimweh" entschieden und meinen

Hintern in das Auto geschwungen. 10 Minuten später war ich in Deutschland. Fernweh

 hätte nur 5 Minuten gedauert, dann wäre ich in Frankreich gewesen, aber da fahre ich

ohnehin am Freitag hin.

 

Die deutsche Luft hat mich ein bisschen beruhigt. Sie roch so gut nach Zimt...

Vor einem Geschäft stand eine kleine, weihnachtlich geschmückte Holzbude. Da drin

standen zwei alte Damen um die Fünfzig (haha, das war ein Witz! Sie waren mindesten

Ende 70!) und verkauften selbstgemachte Weihnachtskekse. Eine der beiden Damen

backte hauchdünne Zimtwaffeln. Diesem überwältigenden Duft konnte ich natürlich nicht

widerstehen und kaufte mir ein Tütchen. Da die Nusskekse auch so lecker aussahen,

erstand ich auch davon eine Tüte.

 

Dann bin ich ein bisschen hin und hergeschlendert, bis mein Magen mir verkündete, es

sei Mittagszeit. Also habe ich ihn mit dem Inhalt der Nusskekstüte zufriedengestellt.

Da ging es uns beiden schon wesentlich besser. Aber noch nicht so richtig gut.....

 

Die Zimtwaffeln, so überlegte ich mir, werden mit Sicherheit nicht bis Weihnachten halten. Wahrscheinlich werden sie Heiligabend mit einer grünen Schimmelschicht verziert sein.

So weit wollte ich es jedoch nicht kommen lassen. Ausserdem schrie mein Magen wie

verrückt: Give me more!!!

 

Ich kann schlecht "Nein" sagen, und aus welchem Grund sollte ich überhaupt mit meinem

Magen eine Diskussion über das Für und Wider von Keksen essen  beginnen?

 

Tja, diese Zimtwaffeln waren wirklich sehr lecker, und nun ging es uns viel besser.

Richtig euphorisch waren wir. Leider hielten diese Stunden der Glückseligkeit nicht an.

In dem Moment wo ich wieder zu Hause war und einen zaghaften Blick in den Kühlschrank

warf, meldeten sich die Nerven.

 

Den Inhalt vom Gefrierschrank hatte ich ja heute morgen schon entsorgt. Nun strömten

mir lediglich die penetranten Gerüche diverser Käsesorten entgegen....

 

Ein Griff zum Telefon, tief Luft holen und den Chef der Küchenfirma zur Sau machen.

Schliesslich hat er mir vor 5 Jahren dieses Gerät wärmstens empfohlen. Na ja, warm ist er ja

nun, der Kühlschrank.

 

Aber wie das so ist im Leben: Die Küchenfirma ist für etwaige Reparaturen nicht zuständig.

So etwas erledigen Spezialisten. Der Spezialist kommt eventuell nächste Woche. Mal sehen,

hat er gemeint, ob er es schafft, denn im Moment hätte er ziemlich viel zu tun.

 

Eigentlich brauche ich gar keinen Kühlschrank. Da meine Dunstabzugshaube schon seit

einigen Wochen kaputt ist, und erst Ende Januar repariert werden kann, befinde ich mich

ja noch immer im Kochstreik.

 

Da ich auch das Bügeln eingestellt habe, weil meine Laura Star seit gut einem Monat in

der Reparatur ist, geht es mir doch eigentlich supergut, ohne diesen lästigen Homefun!!!

 

Schade ist nur, dass die Lichtlampe, die ich vorgestern gekauft habe, nicht funktioniert.

Fünf von den zehn Röhren leuchten nicht. Aber wozu brauche ich eine Lichtlampe? Ich

hab ja keine Depressionen. Nein, wirklich nicht.

 

Statt vor so einer künstlichen Lampe zu sitzen, hocke ich mich lieber auf den Teppich,

solange er noch sauber ist. Nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung wäre nun der

Staubsauger an der Reihe, seinen Geist aufzugeben. Also nutze ich die mir bleibende

Zeit zum meditieren.

 

Ich werde über Tore meditieren. Und über Firmen, die mir ein 6 Meter langes Schwebetor

auf die Einfahrt zum Grundstück gesetzt haben, dessen Motor zu schwach ist, um es

elektronisch zu öffnen. Und über den Kostenvoranschlag von 14.000 DM für die Reparatur desselbigen.

 

Und vor allem werde ich über den Muskelaufbau in meinen Oberarmen meditieren, der

Dank des mehrmals täglichen Auf- und Zuschiebens des mehrere Zentner schweren Tores 

beachtlich gestiegen ist.

 

Über all dieses meditiere ich jetzt. Morgen ist ein anderer Tag. Morgen nehme ich mir

die schlammige Baustellen-Strasse vor, die unser Grundstück umzingelt, und die

Telefongesellschaft, die nicht in der Lage ist, 100 fremde Telefon-Nummern von meiner

Leitung zu trennen. Und Monsieur Scotty, der es in 7 Jahren nicht gelernt hat, a) manierlich

an der Leine zu gehen und b) sich jeden Tag im Schlamm wälzt.

 

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