Der AFFE

Vor einiger Zeit fuhr ich  nachmittags  in die City. Eigentlich um noch einige

dringende Einkäufe zu erledigen, doch ich konnte meinen Zettel nicht mehr

wieder finden. Und ohne meine Notizen bin ich aufgeschmissen. Deswegen

habe ich mich treiben lassen und nur hier und da ein paar unnütze Kleinigkeiten

und etwas zum Anziehen gekauft.

 

Als ich an einem Spielwarengeschäft vorbei kam, fiel mir ein, dass ich um

Weihnachten rum dort genau den gleichen Steiff-Affen gesehen habe, den

ich als Kind hatte. Einer sentimentalen Anwandlung folgend betrat ich spontan

das kleine Geschäft.

 

Der Affe sass noch immer im obersten Regal ganz hinten in der Ecke. Ich streckte

meinen Arm aus soweit ich konnte, hüpfte ein bisschen hoch und erwischte das

Tier am Fuss. Er war ein bisschen verstaubt und sah auch leicht lädiert aus. Aber

seine braunen Glasaugen blitzten schelmisch und er hatte das gleiche freche Grinsen

wie sein längst verstorbener Bruder. Ich steckte meine Nase in sein kurzgeschorenes Wollfell. Der vertraute Kuscheltier-Geruch meiner Kindheit umhüllte mich.

 

Ich dachte an den Tag vor 40 Jahren zurück, als mein Onkel aus Südamerika

überraschend auftauchte, um mich fiebriges und Masern geplagtes Kind zu besuchen.

Er brachte mir den Steiff-Affen mit und erklärte, er würde "Macacco" heissen. Das sei

der brasilianische Name für Affe.

 

Die Verkäuferin riss mich abrupt aus meinen Erinnerungen, als sie mich nach meinen Wünschen fragte. Ich zeigte auf den Affen und sagte ihr, dass ich den kaufen möchte. 

Sie nickte kurz, ging weg und kam mit einem originalverpackten Steifftier zurück.

 

"Nee" sagte ich, den angestaubten Affen noch immer im Arm haltend  "den nicht, ich

will den hier!"

 

"Aber der ist nicht mehr schön" meinte die Verkäuferin. "Der sitzt schon seit Jahren im Regal".

 

Ich wollte aber den Affen aus dem Regal, gerade weil er so schön verstaubt war und dadurch so alt aussah. Die Kunden in dem Laden guckten mich nun doof an, und auch

die Verkäuferin schien an meinem Verstand zu zweifeln. Sie wies mich auf  einige Druckstellen im braunen Fell hin. Ob ich denn nicht doch lieber das Äffchen aus dem  Karton haben möchte…?

 

"NEIN!" 

 

Also, ich setzte meinen Willen durch. Nein, auch  kein Geschenkpapier! Nein, auch kein Schleifchen drum rum. Nein und erst recht keine Tüte!

 

Affe (er heisst Macacco) und ich verliessen den Laden. Weit kamen wir jedoch nicht.

Genau bis zur nächsten Tür, da war ein Blumenladen! Und was sah ich im Fenster?

Einen Feigenbaum! Wenn ich schon dabei war, mir meine "Träume" zu erfüllen, dann brauchte ich auch diesen Feigenbaum. Er trug jede Menge Früchte. Na ja, ist übertrieben aber 15 Feigen waren es immerhin schon!  Das Bäumchen wechselte innerhalb von zwei Minuten den Besitzer.

 

Nun hatte ich ein Transportproblem, aber das bekam ich schon hin. Irgendwie.  

Affe unter den einen Arm geklemmt, Bäumchen unter den anderen, dazwischen

baumelte meine Handtasche und die diversen Tüten mit den "Kleinigkeiten".

Inzwischen hielten mich wohl alle Leute in der Einkaufsstrasse für bekloppt. Ich war bepackt wie ein Maulesel mit einem glückseligen Lächeln im Gesicht…

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