Diplomierte Parkettpflegerin

 

Meine diplomierte Parkettpflegerin, die seit nun mehr 2 Jahren tagtäglich mein

Parkett pflegt und auch sonst alles, was so dazu gehört, um ein grosses Haus sauber zuhalten, ist für 3 Monate krank geschrieben. Sie hat es mir rechtzeitig gesagt, dass sie sich operieren lässt so dass ich genügend Zeit hatte, um eine Vertretung zu suchen.

 

Viele Damen haben bei mir angerufen und die erste Frage lautete grundsätzlich: „Wieviel zahlen Sie die Stunde?“ Natürlich gab es Variationen in der Satzstellung: „Was Du zahlen?“ war eine der häufigsten.

 

Mit einigen, die am Telefon halbwegs sympathisch wirkten, habe ich ein Vorstellungstermin vereinbart. 80 % von ihnen erschienen nicht. 20 %, das waren eine junge halbwegs deutsch sprechende Russin und eine Portugiesin stellten sich vor. Die Russin brachte gleich einen Teil ihrer Familie mit: die symphatische Mutter sowie zwei zahnlose, übergewichtige Tanten mit fettigen Haaren. Der Putzjob, so erklärte mir die junge Frau, Typ Bardame, sei nun doch nicht für sie selbst, sondern für die Mutter. Mir fiel ein Stein vom Herzen, denn die Sexbombe sah nicht so aus, als wüsste sie, wo der Schalter zum Staubsauger anmachen ist.

 

Ein Problem gäbe es allerdings: die Mutter spricht nur russisch, hätte kein Auto, und sie würde 40 km entfernt in einem deutschen Dorf wohnen und es  gäbe keine Busverbindung nach Luxembourg. Ob es denn möglich wäre, dass die Mutter bei mir wohnen könne? Das Haus sei ja gross genug, meinte sie, nach dem die russische Familie jeden Winkel und jede Ecke inspiziert hatte.

 

Am Nachmittag des gleichen Tages erschien auf die Minute pünktlich die Frau aus Portugal. Mit eigenem Auto. Mühsam zog sie sich aus diesem raus, schnaufend kletterte sie die 4 Stufen zum Gartentor hoch wo ich sie erwartete. „Nix Problem“ sagte sie schwitzend und nach Luft ringend bei der Hausbesichtigung. „Ich gutt putze, Du sehen!“ Mit Zweifel im Blick sah ich auf die kleine Zweieinhalb-Zentner-Frau, die schon im Ruhezustand fix und fertig war vor lauter Anstrengung, von einem Zimmer ins nächste zu schlendern.

 

Während der nächsten Woche war ich guten Willens, während drei Monaten meinen Dreck selber wegzumachen, sollte nicht ein Wunder geschehen. Am letzten Arbeitstag meiner Parkettpflegerin meinte sie dann so ganz nebenbei, sie hätte eine Vertretung gefunden. Lila, die Tochter ihrer Freundin, eine junge Portugiesin mit ausgezeichneten Zeugnissen, könne sofort anfangen.  2 Stunden später erschien Lila zum Vorstellungsgespräch. Eine nette, gepflegte junge Frau, hübsch angezogen und mit Auto. Sie kann putzen, bügeln und kochen. Perfekt!

 

Am darauf folgenden Montag begann ihr erster Arbeitstag. Alles war bestens und ich übergab ihr sofort den Hausschlüssel, damit sie morgens, wenn sie um 7 Uhr anfängt, nicht die ganze Familie aus dem Bett klingeln muss.

 

Dienstag benutzte sie diesen Schlüssel auch, machte aber um 7:05 Uhr so einen Krach beim Staubsaugen, dass jeder wach wurde, was in der Ferienzeit von keinem Familienmitglied erwünscht wird.

 

Also wies ich sie darauf hin, dass sie bitte, wie abgesprochen, morgens mit dem Waschen und Bügeln beginnen sollte und vor 9 Uhr keinen Krach machen möchte, da wir Ferien haben und  gerne lange schlafen.

 

Mittwoch morgen, 6.55 Uhr klingelt es Sturm!!!

 

Lila hat den Hausschlüssel vergessen!

 

Nun gut, das kann jedem mal passieren.

 

Donnerstag morgen, 6.51 Uhr klingelt es Sturm!!!

 

Lila hat den Hausschlüssel vergessen!

 

Nun gut, das kann jedem mal passieren, aber BITTE nicht noch mal!

 

Freitag morgen, 6.49 Uhr klingelt es Sturm!!!

 

Lila hat nicht nur den Hausschlüssel vergessen, sondern auch ihre Handtasche.

Und ob sie mal telefonieren könnte? 20 Minuten hat das Telefongespräch

gedauert. Sie schimpfte und tobte so laut, dass kein Mitglied meiner Familie dabei schlafen konnte.

 

Ich stand, mühsam an meine Kaffeetasse geklammert, in der Küche und lauschte dem portugiesischen Gefluche.

 

Dann kochte sich Lila einen Kaffee, trank den in aller  Ruhe aus und begann mit lautem Gedöns die Spülmaschine auszuräumen. Während ich noch nach rechnete, dass ich sie jetzt eine halbe Stunde für´s Nichtstun bezahlen müsste, meinte sie plötzlich zu mir: „Sie sehen müde aus! Gehen Sie wieder ins Bett!“

 

Das sagte sie sehr langsam und laut in gut akzentuiertem französisch, der Sprache, in der wir miteinander kommunizieren. Dabei benutzte sie die Handbewegungen der Gebärdensprache und tat so, als wäre ich nicht nur geistig unterbelichtet sondern auch taub!

 

Ich bin, wie sich wohl jeder denken kann, ein Morgenmuffel und vor 12 Uhr mittags pflege ich keine Konversation. Also drehte ich mich wortlos um und widmete mich meinem Computer, dessen beste Eigenschaft das Schweigen ist.

 

Nun arbeitet Lila seit 3 Wochen bei mir. In der Zeit hat sie 3 x den Hausschlüssel vergessen, 5 x hat sie sich ausgesperrt, als die den Müll rausbrachte und die Haustür hinter sich zu zog, 10 x pro Tag geht sie mindestens 5 Minuten auf´s Gästeklo neben der Küche und lässt danach den Klodeckel oben und die Tür auf. 10 x am Tag sage ich ihr, sie möchte bitte  den Klodeckel runter machen und die Tür schliessen. 10 x am Tag rechne ich nach, wie viel Minuten sie nicht arbeitet, die ich bezahlen muss: 50 Minuten am Tag für Klobesuche, Kaffeepause nicht mitgerechnet, auch nicht die diversen Telefonate die sie auf ihrem Handy führt, bei einem Stundenlohn von netto 12 Euro.

 

Ich könnte jetzt noch eine Liste machen von den Dingen, die sie in den 3 Wochen kaputt gemacht hat: 2 Glasaschenbecher, drei Weingläser, ein Teil vom Staubsaugergriff,  ein Dampfbügeleisen, drei Hemden vom General (die haben Flecken von der Bügelstärke, die nicht mehr rausgehen beim Waschen)

 

Und nun noch eine Liste von Dingen, die sie  macht, obwohl sie es NICHT machen soll:

Staubsauger sollen nicht morgens um 7 Uhr mitten im Wohnzimmer mit ausgezogenem Kabel auf dem Teppich liegen, damit sie ab 9 Uhr saugen kann. Mit Wasser gefüllte Putzeimer und Schrubber sollen nicht mitten in der Küche stehen, während sie in der Waschküche bügelt.

Putzlappen und diverse Flaschen mit Reinigungsprodukten sollen weder auf dem Küchentisch stehen, noch auf dem Glastisch im Esszimmer und schon gar nicht auf dem Wohnzimmertisch oder auf der Treppe. Sie sollen nirgendwo stundenlang rumstehen, sondern im Putzmittelschrank bleiben, bis sie benutzt werden! Volle Mülleimerbeutel sollen so lange im Mülleimer bleiben, bis sie in die Tonne befördert werden und nicht im Flur vor der Einganstür von kurz nach 7 Uhr bis mittags um 12 Uhr den Durchgang versperren.

 

Die Liste mit den Dingen aus der Küche, die ich nicht wieder finde, lasse ich besser gleich weg. Wer will schon wissen, wie nervig und zeitaufwändig es beim Kochen ist, wenn ich Kleinigkeiten wie meine Knoblauchpresse in jeder Schublade, in jedem Schrank suche und nicht finde. Doch, natürlich finde ich irgendwann die Knoblauchpresse (oder andere vermisste Sachen) im Schrank mit den Vorräten zum Beispiel. Oder irgendwo anders, wo man es garantiert nicht vermutet, ganz einfach, weil es da von der Logik her nicht hingehört. Oder ist es logisch, das Salztöpfchen im Kühlschrank zu suchen?

 

Ich glaube, ich versuche es mal bei Lila mit der Gebärdensprache. Vielleicht begreift sie dann???

 

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